Stiftung aktuell
7. Juli 2022

Übergabe des Bielefelder Wissenschaftspreises 2020

Fotos: © WEBER Fotodesign

Bereits im September 2020 berichteten wir über die Gewinnerin des Bielefelder Wissenschaftspreises, Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert. Am 4. Juli 2022 fand die Übergabe des Wissenschaftspreises nun nach mehrmaligen Terminverschiebungen aufgrund der Corona-Pandemie statt. Die Münsteraner Professorin erhielt den Wissenschaftspreis für ihre prägende Bedeutung in der deutschen Medizinethik. Vergeben wird der mit 25.000 Euro dotierte Preis alle zwei Jahre von der Stiftung der Sparkasse Bielefeld im Gedenken an den Bielefelder Soziologen Niklas Luhmann.

Der Vorsitzende der Jury für den Wissenschaftspreis und Rektor der Bielefelder Universität, Professor Dr.-Ing. Gerhard Sagerer, erläutert die Entscheidung der Jury:

„Bis heute hält sich hartnäckig die Vorstellung, dass sich die Moral von Ärztinnen und Ärzten wesentlich an dem aus der Antike stammenden Hippokratischen Eid bemisst. Dabei hat sich die medizinische Ethik in den letzten Jahrzehnten längst von dieser herkömmlichen Standesethik gelöst. Sie bildet eine vielfach aufgefächerte, hochprofessionelle Disziplin, die wesentlich zur Bewältigung der Probleme der modernen Medizin beiträgt. Frau Schöne-Seifert hat in diesem Prozess in Deutschland eine führende Rolle gespielt.“

Die Medizinerin und Philosophin hat die biomedizinische Ethik in Deutschland kenntnisreich umgesetzt

Schon während ihres Studiums in Freiburg, Göttingen, Wien (Österreich), Los Angeles (USA) und Washington DC (USA) hat sich Frau Schöne-​Seifert parallel mit Medizin und Philosophie auseinandergesetzt.

In den USA lernte sie aus erster Hand die Diskussionskultur der sich damals gerade entwickelnden biomedizinischen Ethik kennen. Kennzeichnend für diese Ethik sind die Betonung sorgfältiger analytischer Argumentationen, die naturwissenschaftliche Fundierung und ihre liberale, menschenrechtlich geprägte Grundhaltung.

„Die Preisträgerin hat dieses Verständnis medizinischer Ethik in Deutschland kenntnisreich und meinungsstark umgesetzt.“, so die Jury des Wissenschaftspreises.

„Der Wissenschaftspreis ehrt […] eine Forscherin, die nicht nur ausgezeichnete medizinethische Forschungsergebnisse vorzuweisen hat, sondern auch dafür sorgt, dass diese den Menschen unmittelbar zugutekommen.“

Die Preisträgerin schaffe es wie kaum jemand anderes in Deutschland, die Brücke zwischen ganz konkreten Anliegen der medizinischen Praxis und hoch abstrakten moralphilosophischen Debatten zu schlagen, ohne auf der einen oder anderen Seite Abstriche bei den professionellen Standards machen zu müssen. Dadurch habe die Preisträgerin einen einzigartigen Einfluss sowohl auf die klinische Ethik wie auf die systematische Philosophie.

Ein gutes Bild von der Breite ihrer Überlegungen vermittele auch ihr Lehrbuch „Grundlagen der Medizinethik“. Es stehe für eine weitere herausragende Eigenschaft der Preisträgerin, ihr Bemühen um die Vermittlung medizinethischer Inhalte in der Hochschullehre an angehende Ärztinnen und Ärzte.

Die Jury ist überzeugt, dass mit dem Wissenschaftspreis eine Forscherin geehrt wird, „die nicht nur ausgezeichnete medizinische Forschungsergebnisse vorzuweisen hat, sondern auch dafür sorgt, dass diese den Menschen unmittelbar zugutekommen.“

Zum einen liege ihre prägende Bedeutung für die deutsche Medizinethik in ihren einflussreichen Beiträgen zu praktisch allen Debatten, die in den letzten dreißig Jahren in Deutschland geführt wurden: über Hirntod, Embryonenforschung, Sterbehilfe, Organtransplantation, Neurowissenschaften, dementielle Erkrankungen, Gerechtigkeit im Gesundheitswesen, Impfpflicht und Komplementärmedizin. Dabei beziehe Frau Schöne-​Seifert in den Debatten stets klar Position und scheue dabei auch nicht vor öffentlichem Streit zurück. Dies belege unter Anderem ihre engagierte Kritik an der Homöopathie in den letzten Jahren.

Zum anderen sei sie eine der führenden Theoretikerinnen des Konzepts der Patient*innen-​Autonomie in Deutschland. „Ihre Position ist dabei von einer großen Freiheitsliebe und tiefem Misstrauen gegenüber allen paternalistischen Tendenzen in der Medizin bestimmt.“, erklärt die Jury.

Preisübergabe in der Universität Bielefeld

Nachdem die Veranstaltung mehrfach aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden musste, war die Preisübergabe am 4. Juli 2022 besonderes Ereignis. Der Rektor der Universität Bielefeld und Vorsitzender der Jury, Univ. Prof. Dr. Gerhard Sagerer führte durch die Veranstaltung und regte zur Diskussion essenzieller Themen an.

Michael Fröhlich, Vorsitzender der Sparkassenstiftung, ist sich sicher: Mit Frau Schöne-Seifert werde eine Persönlichkeit geehrt, der es gelungen sei, mit ihrem wissenschaftlichen Wirken Maßstäbe zu setzen. „Eine passendere Preisträgerin zu finden, wäre kaum möglich gewesen.“

Noch im diesen Jahr wird die Preisträgerin oder der Preisträger für 2022 bekanntgegeben. An dieser Stelle werden wir erneut berichten.

Weitere Informationen zum Bielefelder Wissenschaftspreis erhalten Sie hier:

Informationen zum Bielefelder Wissenschaftspreis:

https://www.uni-bielefeld.de/wissenschaftspreis

Die Jury des Bielefelder Wissenschaftspreises:

www.uni-bielefeld.de/uni/profil/preise-ehrungen/bielefelder-wissenschaftspreis/jury/index.xml

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